Bessere Videos: Bewegungen mit der Brennweite steuern

Dokumentarische Videos bilden die Wirklichkeit ab. Dabei wird ein Teil der Wirklichkeit allerdings so dargestellt, wie sie der Filmer oder Regisseur sehen will. Was vor der Kamera passiert, kann der Gestalter eines non-fiktionalen Films häufig nicht beeinflussen, dafür aber, auf welche Weise das Motiv auf Video gebannt wird. Ein wirkungsvolles Gestaltungsmittel ist dabei der Einsatz von Brennweiten. Sie sind die Gebieter des Raums und ziehen ihn je nach Bedarf auseinander oder zusammen. Auf diese Weise erscheinen Motive mit kurzer Brennweite weitläufig und mit langer Brennweite dicht gedrängt.

Brennweite verändert Geschwindigkeit

Diese Eigenschaften von unterschiedlichen Brennweiten haben auch großen Einfluss darauf, ob Bewegungen vor der Kamera schnell oder langsam erscheinen. Die kurze, also weitwinklige, Brennweite weitet den Raum aus und bewirkt, dass Bewegungen schnell abgebildet werden. Dagegen erweckt der zusammengedrängte Raum der langen Brennweiten den Eindruck, dass die objektiv gleiche Geschwindigkeit viel langsamer erscheint – zumindest, wenn die Motive sich vertikal auf die Kamera zu- oder wegbewegen. Bei einem horizontalem Schwenk mit langer Brennweite dagegen bewegt sich der Hintergrund rasanter als mit kurzer Brennweite. Zu diesem Thema habe ich auf meiner DVD “Filmen wie die Profis” einige Beispiele zusammengestellt:

Mit Brennweite Videos gestalten

Glauben Sie mir: Weder bei der Straßenbahn noch bei der laufenden Frau haben sich die tatsächlichen Geschwindigkeiten verändert. Der unterschiedliche Eindruck beim Zuschauer entsteht ausschließlich durch die Brennweiten. Eigentlich schade, dass ich als TV-Journalist diese Möglichkeit der Video-Gestaltung noch nicht kannte. Es hätte bestimmt einige Gelegenheiten gegeben, Kamerafrauen oder Kameramännern den Tipp zu geben, durch andere Brennweiten die Aussagen von Bildern zu verstärken oder deutlicher zu machen. Aber gute Leute hinter der Kamera machen das ohnehin von selber.

Kreieren oder manipulieren?

Wo ist die Grenze zur Manipulation, wenn ich z.B. mit Brennweiten die Welt unterschiedlich darstellen kann? Diese Frage ist müßig, denn es gibt keine Standard-Perspektive, um die Wirklichkeit 1zu1 im Video abzubilden. Wichtig ist, das Wissen um die Möglichkeiten der Gestaltung von bewegten Bildern zu verbreiten, damit Zuschauer erkennen können, warum ein und das gleiche Auto zur gleichen Zeit einmal schnell und einmal langsam fahren kann oder warum ein Fußballspieler je nach Brennweite lahm oder dynamisch erscheint.

 

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